Frank Lloyd Wrights Taliesin, Spring Green
 
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Wrights Rückzug in die Provinz - Sa 19. Mai 2007 Taliesin, Spring Green, WI

Wrights Rückzug in die Provinz

Hab erst einmal genug von Großstadt und werde mich heute in den Nachbarstaat Wisconsin begeben. Dort will ich das Haus und Studio ansehen, in dem Frank Lloyd Wright lebte und arbeitete nachdem er Oak Park verließ.

Die Anreise dauert etwa 3 Stunden, ich breche bereits um 7.30 Uhr morgens auf, um auf keinen Fall die Führung zu verpassen.

 

Die kostenpflichtige Autobahn in Illinois ist in einem miserablen Zustand. Ich hoffe, sie nutzen die Gebühren, um bald Ausbesserungen der Fahrbahn vorzunehmen. In Wisconsin erwarten mich sanftes Hügelland und verstreute Farmen, deren Gebäude rotbraun mit weißen Dächern gestrichen sind. Hier ist das Milch- und Käsezentrum der USA, nur Kühe sieht man gar nicht so viele.

Pünktlich um 10.00 Uhr hat mich mein Navigationssystem nach Taliesin in der Nähe von Spring Green geführt.

Das Anwesen besteht aus dem Wohnhaus, dem Studio, Häusern für die Architekturstudenten Wrights, einem Schulgebäude samt Theater, in welchem zwei Tanten Wrights unterrichteten und eine Farm. Wright selbst bezeichnete seinen Baustil als organische Architektur. Er war stets darauf bedacht, die Landschaft in die Wohnräume hinein zu bringen und natürliche Elemente in den Räumen wieder aufzunehmen.

 

Taliesin ist ein walisischer Begriff und heißt soviel wie Berghang. Die Landschaft Wisconsins und das Tal des Wisconsin River ähnelte der walisischen Landschaft aus der Wrights Großeltern stammten und die Familie siedelte sich dort an. Viele Onkel Wrights hatten hier ihre Farmen. Wright baute sein Haus wie die meisten seiner Häuser nicht auf die Bergkrone, sondern an den Hang heran. Das Gebäude verschmilzt sozusagen mit der Erde.

Auch hier lerne ich viel über sein Selbstverständnis. Gebäude waren dafür gebaut, seine Generation zu beherbergen, nicht diese zu überdauern. Während Wright und seine Studenten die Wintermonate in Taliesin West in Arizona verbrachten, um der Kälte zu entgehen, ließ er das Haus hier unbeheizt und unbehütet stehen. Es war ihm egal, ob es verfiel, denn das gab ihm nur Gelegenheit neu zu gestaltet, umzubauen, zu verändern. Jedes Jahr nahm er wieder Anbauten vor, verglaste Loggien und erweiterte die Wohnräume.

Die Vielfalt seiner Talente zeigt sich, wenn man bedenkt, dass Wright nicht nur Häuser entwarf, sondern auch gleich die Möbel, Teppiche, Lampen, Geschirr und Fensterdekore dafür sowie sogar Kleider für die Dame des Hauses.

Die persönlichen Hintergründe, die ihn nach Spring Green führten, galten als Skandal in seiner Zeit. Wright hatte seine Ehefrau und ihre 6 Kinder aus der Oak Park Zeit verlassen, um mit der Frau eines Kunden „durchzubrennen“, die ihrerseits Mann und Kinder zurückließ. Beide lebten 1 Jahr in Italien bevor sie sich in Spring Green niederließen. Die Gegend schien perfekt, denn hier waren sie abgeschieden und entgingen öffentlicher Kritik und spontanen Besuchen. Das Glück war nicht von Dauer. Die Geliebte starb ein Jahr später durch einen Axtmord bei dem auch das gesamte Haus durch Brandstiftung zerstört wurde.

 

Wright arbeitete daraufhin am Imperial Hotel in Tokio. Für diesen Auftrag erhielt er eine halbe Million Dollar, eine Summe, die in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wohl ein Vermögen war. Doch Geld bedeutete ihm nach diesem Verlust wenig und so gab er die gesamte Summe bereits vor der Heimreise für japanische Kunst wieder aus. Viele Stiche und Bilder aus dieser Sammlung wurden bei einer späteren Insolvenz für 1 Dollar pro Stück versteigert.

Wie Thomas Edison und andere Genies schlief Wright nie viele Stunden am Stück, sondern schlummerte eher für 2-3 Stunden und arbeitete danach wieder stundenlang. Im ganzen Haus sind deshalb Schlafsofas verteilt.

Anfang der 50er Jahre hatte Wright eine Künstlerin aus New York für 4 Monate zu Gast. Diese suchte nach einem Architekten für das Guggenheim Museum in New York. Der Architekt gab sich offensichtlich viel Mühe, diesen Auftrag zu bekommen. Auf dem Fenstersims eines Zimmers liegt noch heute eine Muschel. Diese gab angeblich die Inspiration für das Design des Museums.

Die Führungen, ein gemütlicher Salat zum Mittag, ein ausgiebiger Spaziergang und Stöbern im Buchladen lassen mich den ganzen Tag hier verweilen. Was kann man auch schöneres an einem sonnigen Samstag tun?

 

Nach 30 Meilen durch das Farmland komme ich zurück nach Middleton, einer kleinen Stadt an der Stadtgrenze zu Madison, der Hauptstadt Wisconsins, wo ich mir im Hilton Garden Inn ein Bett für eine Nacht sichere.

 

Es ist erst 18.00 Uhr also nutze ich den Rest des Tages, um noch in Madison das Parlamentsgebäude sowie Monona Terrace, dem Konferenzzentrum anzusehen. Ersteres ist wie das Kapitol in Washington gebaut, nur leicht kleiner. Zweiteres ist einer der öffentlichen Bauten, der nach Entwürfen von Wright gebaut wurde. Wunderschöne hohe Bogenfenster in strahlendem, blauen Glas und eine Dachterrasse direkt am See charakterisieren das Gebäude. Die Stadt selbst liegt sehr schön, direkt auf einer schmalen Landzunge zwischen zwei großen Seen. Dadurch fehlt das klassische Schachbrettmuster der Straßen, stattdessen laufen alle Straßen sternförmig auf das Parlamentsgebäude zu.

Zum Abendessen gibt es heute etwas was einmal während jedes USA Aufenthaltes sein muss: eine Super Supreme Pizza von Pizza Hut. Sehr lecker, aber natürlich überhaupt nicht gesund!

 

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(c) www.schnupsi.de Donnerstag 23 Juli 2009